Ein Bericht aus Ojuelos, Mexiko von Gabriele Lukacs

Seit einigen Jahren kursieren Berichte und Videos im Internet über einen sensationellen Fund an rätselhaften Artefakten aus Zentralmexiko. Es handelt sich um handtellergroße Steinobjekte, die rundum mit seltsamen Darstellungen verziert sind. Neben aztekischen Motiven sind es Astronauten, Ufos und Alien-Kreaturen, die in die Steine geritzt wurden. Sie sollen von einer noch unbekannten Zivilisation stammen, die weit vor der ältesten bekannten Kultur im Gebiet von Ojuelos um den Cerro del Toro im Bundesstaat Jalisco lebte.

Angeblich 5-6.000 Jahre alte Steinobjekte mit Ufos, Astronauten, Aliens? Kann es so was geben? Zu schön, um wahr zu sein?

Woher stammen diese Objekte, die seit einiger Zeit auch auf eBay versteigert werden? Wer ist der Finder und wer verkauft sie im Internet? Diesen Fragen wollte die Mystery-Reporterin Gabriele Lukacs in Mexiko nachgehen.

Spurensuche in Mexiko

Die rätselhaften Objekte stammen aus Ojuelos im Staat Jalisco im Zentralmexiko, also aus dem Aztekenland, und werden als antike Fundstücke gehandelt. Richtig ist aber die Feststellung der INAH, der staatlichen mexikanischen Antikenbehörde, dass keine Kultur bekannt ist, die derartige Objekte gefertigt hätte. Dazu ist es bei allen bisher bekannten und erforschten Kulturen völlig untypisch, Steine rundum mit Ritzungen zu versehen, abgesehen davon, dass die Motive wie aus Science-Fiction-Romanen kopiert erscheinen.

Ein Wiener Sammler antiker lateinamerikanischer Kunst besitzt einige der als „Aztlan artefacts“ bekannten Objekte. Er machte uns freundlicherweise seine Sammlung zugänglich und versorgte uns mit Kontaktadressen zu den mexikanischen Verkäufern.

Akachaman und Mamamucha, der Außerirdische

Mit dieser recht spärlichen Information ausgestattet, nahm ich Kontakt mit Juan Chavez, dem Sprecher der Sammler- und Anbietergruppe in Aguascalientes, auf. Deren Anführer nennt sich „Akachaman“, großer Schamane, und behauptet, mit einer außerirdischen Entität namens „Mamamucha“ in Kontakt zu stehen, die ihnen die Fundstellen verraten hätte.

Chavez versprach mir, die seltsamen Objekte sowie Fundorte zu zeigen und darüber hinaus die Beweise der Echtheit zu liefern. Die Gruppe hätte außerdem Alien-Skelette geborgen und Ufo-Beobachtungen gemacht. Unsere Korrespondenz zog sich über zwei Monate und beinhaltete Hinweise auf Internet-Links zu YouTube-Videos und TV-Interviews. Nach eingehendem Studium der Information beschlossen mein Mann und ich, eine Erkundungsreise nach Mexiko zu unternehmen.  

Wir flogen nach Aguascalientes, einer quirligen Kolonialstadt mit heißen Thermalquellen, wo das Treffen mit dem „großen Schamanen“ hätte stattfinden sollen, doch dieser war wie vom Erdboden verschluckt. Unsere Versuche, dort an Information zur genauen Herkunft der Steine und deren Besitzer zu gelangen, verlief zunächst erfolglos. Nur ein vager Hinweis auf den Ort Ojuelos, 80 Kilometer östlich von Aguascalientes, war das Ergebnis unserer tagelangen Streifzüge durch Museen und Buchhandlungen. Mit wenig Hoffnung und beinahe entmutigt nahmen wir also den Bus nach Ojuelos.

Nach 1,5 Stunden Fahrzeit durch die hügelige Landschaft des Bundesstaates Jalisco erreichten wir den unscheinbaren Ort. Nach Besichtigung der einzigen Sehenswürdigkeit, einem Fort aus der Zeit der Spanier, dieses aber immerhin zum Weltkulturerbe erklärt, gingen wir zum Rathaus. Dort suchten wir nach dem Archäologiemuseum. Geschlossen, wurde aufgegeben, kein Geld. Wir fragten also nach den „Aztlan“-Steinen. Nie gehört, Fehlanzeige. Zufällig bog gerade ein junger Mann um die Ecke. Sakkoträger, intelligent wirkend. Und siehe da: Welche Überraschung – wir konnten es gar nicht glauben nach all den Fehlschlägen –, er wusste, wovon wir sprachen!

Er bat uns in sein Büro, wo er sich als Sekretär des Bürgermeisters vorstellte und die weitgereisten Gäste in das Buch der Stadt eintrug. Nach der Erkundigung unserer Herkunft und Grund unserer Reise nach Ojuelos, begann er zu telefonieren und den Kontakt zu den Steinbesitzern herzustellen, mit dem offiziellen Auftrag, uns alles zu zeigen. Als Führer organisierte er seinen Schwager, einen Geschichtslehrer, der uns nun zu Don Francisco, einen heute 83-jährigen Bohnen- und Maisbauer, brachte.

Dieser Bär von einem Mann mit Händen wie ein Schraubstock erwartete uns bereits in seinem Haus und Doña Maria servierte sogleich Kaffee. Er begann zu erzählen, wie und wo er vor 18 Jahren die ersten Steinobjekte fand. Er wanderte in die Berge und kroch dort in die zahlreichen Höhlen auf der Suche nach Azteken-Scherben, Pfeilspitzen und Hinterlassenschaften der unzähligen Kulturen, die diesen Raum seit Urzeiten bevölkerten. In einer der Höhlen ging er bis ans Ende, bis in den hintersten Spalt und entdeckte jene seltsamen Steine, die er sogleich als etwas Besonderes erkannte. Es blieb nicht der einzige Fund, den er damals machte. Über die Jahre ging er immer wieder in die Berge und fand nach und nach weitere Stücke.

Nun holte er aus seinem Schlafzimmer Karton um Karton hervor und begann langsam ein Steinobjekt nach dem anderen auszupacken. Was wir nun zu sehen bekamen, übertraf alle unsere Erwartungen! Uns blieb die Spucke weg!

Hunderte Figuren, Medaillons, Dolche, Ritualmesser und vor allem verzierte Steine kamen zum Vorschein. Alle mit Astronauten, Raumschiffen und außerirdischen Kreaturen drauf. Uns blieb der Mund offen. Wir waren überwältigt von der Menge der Objekte mit den rätselhaftesten Darstellungen. Über mehrere Stunden legte Don Francisco ein Stück um das andere auf den Küchentisch. Am Ende waren es fast 300 Steinobjekte von der Größe eines Daumennagels bis 50 Zentimeter Länge – und kein Stück glich dem anderen!

Er schwor, alles eigenhändig gefunden und aus mehreren Höhlen der Gegend, sehr tief im Berg, ausgegraben zu haben. Zu Hause habe er dann den Schmutz und die Erde abgewaschen und so bewahrte er seine Fundstücke bis heute auf. Ich durfte alle Objekte genau untersuchen und fotografieren. Auf unsere Frage, aus welchem Material denn die Stücke bestünden, meinte er, aus den verschiedensten Steinarten wie Olivin, Jadeit, Quarz und auch Andesit und Granit sowie Kaolin, der Tonerde für Porzellan.

Die Gruppe Nahui Ollin

Don Pancho, wie wir ihn mittlerweile nennen durften, erzählte nun, dass er einen Verein mit dem Namen „Nahui Ollin“ gegründet hat, „tierra en movimiento“ auf Spanisch, „Erde oder Welt in Bewegung“ auf Deutsch. Er und die anderen Mitglieder bemühen sich um den Erhalt und die Erforschung der rätselhaften Objekte.

Im März 2016 veranstalteten sie einen Kongress in Ojuelos, zu dem auch Dr. Semir Osmanagic, der bosnische Entdecker und Pyramidenforscher, anreiste. Leider fand der Kongress keinen Nachhall bei den offiziellen Stellen, wie Don Francisco bedauerte. Im Gegenteil, sogar das Ortsmuseum in Ojuelos wurde geschlossen, angeblich aus Geldmangel.

Er bestätigte uns (mit Kopie der Übernahmebestätigung), dass sie einige Fundstücke an das Museum übergeben, jedoch nach der Schließung nicht mehr zurückbekommen hätten. Einfach verschwunden, eingezogen vom Staat. „Man darf über den wahren Grund der Museumsschließung spekulieren“, meinte Don Pancho vielsagend. Er selbst würde nie auch nur ein einziges Stück seiner sensationellen Sammlung verkaufen.

Fischmenschen-Skelette und Alien-Mumien

Nach viel Kaffee und viel Gespräch – zum Glück können wir Spanisch, was uns natürlich viele Türen öffnet – verabschiedeten wir uns. Don Pancho bezeichnete uns als Freunde, für die seine Türe immer offensteht. Zum Abschied schenkte er uns das Buch „Aztlan y los Aztecas“, eine Publikation seiner Gruppe über ihre sensationellen Entdeckungen. Wir baten um eine Widmung, die dann so blumig ausfiel, dass eine Buchseite nicht ausreichte.

Beim Durchblättern des 150 Seiten starken Buches, verfasst vom pensionierten Militärarzt und Alien-Forscher Dr. Pablo Sanchez, fanden wir dann Unglaubliches: Fotos von Fischmensch-Skeletten, Alien-Mumien und geflügelten Wesen. Alles mit Röntgenbildern belegt und ausführlich beschrieben. Herkunftsort und Verbleib dieser Fundstücke wird allerdings schamhaft verschwiegen.

Funde am Cerro del Toro

Danach führte unser Guide uns zum nächsten Mitglied der Gruppe, Don Juan Alfonso, der eine Mechaniker-Werkstatt betreibt. Auch dieser Señor – 65 Jahre und eigentlich in Rente, aber bei einer monatlichen Pension von 1250 Pesos (circa 70 Euro) noch immer aktiv – betätigt sich als Stein- und Scherbensammler. Seine Objekte allerdings sind vor allem Steinzeitklingen und -äxte, Azteken-Scherben und Olmeken- sowie Tolteken-Figuren. Für unser Laienauge sah das alles echt aus.

Dann kramte er ein seltsames Objekt hervor: einen steinernen Fuß mit denselben Motiven wie die Aztlan-Steine von Don Pancho. Jedoch wirklich uralt aussehend, weil zerbrochen, zerkratzt und verschrammt. Zu unserer Überraschung präsentierte er dann stolz sein im wahrsten Sinne phantastischstes Objekt: eine hohle, als Raumschiff verzierte Steinkugel, die sich aufklappen ließ. Im Inneren befand sich ein aus dem Stein gemeißelter Sitz, auf dem eine kleine, herausnehmbare Astronautenfigur im Anzug und Helm saß.

Wir waren gleichermaßen verblüfft wie amüsiert. Das sollte tausende Jahre alt sein? In feuchten Höhlen vergraben und so gefunden? Sind die Lego-Männchen in ihren Raumkapseln ein Nachbau davon oder ist es vielleicht doch eher umgekehrt?

Um unsere Skepsis zu zerstreuen, bot uns Don Alfonso eine Tour zum Cerro del Toro, dem Stierberg, zu den Fund-Höhlen und Felsmalereien an, mit Übernachtung und möglicher Ufo-Sichtung. Der Heilige Berg der Ureinwohner befindet sich nur wenige Kilometer im Norden der Stadt. Eine staatliche Firma errichtete auf dem Plateau Windkraftanlagen, was zum Protest wegen der – wie man vermutet absichtlichen – Zerstörung der alten Kultplätze führte. Die Höhlen sind noch vorhanden und die Felszeichnungen gut dokumentiert, die Tunnel allerdings geschlossen. Ohne Aussicht auf eine sensationelle Entdeckung verschoben wir die Übernachtung im Gelände samt möglicher Ufo-Sichtung dann doch auf ein anderes Mal.

INFOBOX

Ojuelos, Jalisco, Zentralmexiko, bäuerliche Kleinstadt, 28.000 Einwohner, mit Weltkulturerbe-Fort am „camino real“, wo 300 Jahre lang seit 1569 im Auftrag der spanischen Krone der Silber-, Kupfer- und Goldtransport nach Europa gesichert wurde.

Cerro del Toro, Stierberg, Hl. Berg mit sieben Höhlen und Tunnel, Fundort der Artefakte, heute Windkraftanlage.

Francisco Gonzales (DonPancho, 83), Bohnen- und Maisbauer, Gründer der Gruppe „Nahui Ollin“ (span.: tierra en movimiento, dt.: Erde in Bewegung)

Dr. Pablo E. Garcia Sanchez, Militär-Arzt, Acapulco, Buchautor, Investigator seit 2000, Präsident von „Nahui Ollin“.  pablogarsa_aca@hotmail.com +7441630349 

Literatur & Videos

Garcia Sanchez, Pablo Enrique: Aztlan y los Aztecas, Acapulco, 2015.

https://www.youtube.com/watch?v=vzIkQaosRRU  5 Min., span/engl.

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